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Anpassung von Betriebsrenten

1. Anpassungsprüfungspflicht des Arbeitgebers

§ 16 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) schreibt zur Wertsicherung laufender Versorgungsleistungen eine regelmäßige Überprüfung der Leistungen durch den Arbeitgeber vor. Dieser hat die Höhe der Leistungen ab Rentenbeginn in einem dreijährigen Rhythmus zu überprüfen und nach billigem Ermessen anzupassen.

Der Arbeitgeber kann die fällige Anpassungsprüfung für alle Rentner, bei denen eine Anpassungsprüfung fällig ist, auf einen einheitlichen Stichtag zusammenfassen.

2. Prüfungszeitraum

Für die Ermittlung des Anpassungsbedarfs ist grundsätzlich der gesamte Zeitraum seit Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag zu berücksichtigen, nicht nur der Zeitraum seit der letzten Anpassung. Erfolgte Anpassungen sind darauf anzurechnen. In der Vergangenheit zu Unrecht unterbliebene Anpassungen können nachgeholt werden (siehe dazu unten unter 5.).

3. Anpassungskriterien

a) Lebenshaltungskostenindex

Maßgeblich ist nach § 16 Abs. 2 Ziff. 1 BetrAVG der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland. Zugrundezulegen ist jeweils der aktuelle, zum jeweiligen Anpassungs-stichtag veröffentlichte Index. Für die Berechnung der Indexsteigerung ist dabei jeweils auf den Monat vor Beginn des Prüfungszeitraums und vor dem Anpassungsstichtag abzustellen. Der Anpassungsbedarf errechnet sich aus dem seit Rentenbeginn eigetretenen Kaufpreisverlust, soweit dieser nicht durch frühere Anpassungen ausgeglichen wurde.

b) Reallohnbezogene Obergrenze

Bleibt die Nettolohnentwicklung der vergleichbaren Arbeitnehmergruppe im Prüfungszeitraum hinter der Teuerungsrate zurück, kann der Arbeitgeber die Anpassung nach § 16 Abs. 2 Ziff. 2 BetrAVG begrenzen. Sinn dieser Regelung ist, dass die Betriebsrentner nicht besser gestellt werden sollen als die aktiven Arbeitnehmer.

4. Wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers

a) Entwicklung bis zum Anpassungsstichtag

Der Arbeitgeber kann nach § 16 Abs. 1 Halbsatz 2 BetrAVG die Anpassung nach der Teuerungsrate oder der Nettolohnentwicklung ablehnen oder begrenzen, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens (gemeint ist die Ertragslage) eine (volle) Anpassung nicht erlaubt.

Dazu ist eine Prognose anzustellen. Ausgangspunkt ist die Entwicklung bis zum Anpassungsstichtag, wie sie sich aus den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen für einen repräsentativen Zeitraum (regelmäßig drei Jahre) ergibt. Das Betriebsergebnis ist dabei um Scheingewinne, überhöhte Abschreibungen und außerordentliche (einmalige, in Zukunft in dieser Höhe nicht mehr zu erwartende) Aufwendungen zu korrigieren.

Die aus den Jahresabschlüssen sich ergebende Entwicklung der Ertragslage ist um die Entwicklung bis zum Anpassungsstichtag zu aktualisieren. Dazu muss der Arbeitgegeber jedenfalls im Prozess nachvollziehbare Zahlen vorlegen.

b) Prognose

Unter Berücksichtigung des Geschäftsplans ist dann aus der Entwicklung der wirtschaftlichen Lage bis zum Anpassungsstichtag eine Prognose über die weitere Entwicklung bis zum nächsten Anpassungsstichtag zu entwickeln. Dabei darf der Arbeitgeber den zum Anpassungsstichtag absehbaren Investitionsbedarf berücksichtigen. Ebenso sind die handelsrechtlich gebotenen Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen in die Prognose einzubeziehen.

Die Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag ist dagegen für die Prognose nur dann von Bedeutung, wenn die Veränderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen bereits am Anpassungsstichtag vorhersehbar war.

Einen guten Anhaltspunkt für die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage gibt der im Jahresabschluss des abgelaufenen Geschäftsjahres veröffentlichte Prognosebericht.

c) Eigenkapitalverzinsung

Der Arbeitgeber muss zur Erhaltung seiner Wettbewerbsfähigkeit in der Lage sein, die Betriebsrentenerhöhungen aus den künftigen Gewinnen und dem Wertzuwachs des Unternehmens zu finanzieren. Wesentliches Indiz dafür ist eine angemessene Eigenkapitalverzinsung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist dabei als Vergleichsmaßstab auf die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen zuzüglich eines (für alle aktiven Unternehmen) einheitlichen Risikozuschlag von 2% abzustellen. Hat das Unternehmen in den für die Beurteilung der Ertragskraft maßgeblichen Jahren vor dem Anpassungsstichtag eine höhere Eigenkapitalverzinsung als die geforderte Mindestrendite erzielt und ist nach der abzugebenden Prognose ein Absinken unter dieses Mindestmaß in den Jahren bis zum nächsten Anpassungsstichtag nicht zu erwarten, steht die wirtschaftliche Lage einer Anpassung in Höhe der Teuerungsrate bzw. der Nettolohnentwicklung nicht entgegen. Es entspricht dann nicht mehr billigem Ermessen, wenn der Arbeitgeber eine Anpassung der Betriebsrenten ablehnt.

An dieser Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht trotz des niedrigen Zinsniveaus festgehalten.

d) Berechnungsdurchgriff

Grundsätzlich ist die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers (Versorgungsschuldners) maßgeblich. Dies gilt auch in einem Konzern. Auf die wirtschaftliche Lage der Obergesellschaft kann nur in besonderen Fällen zurückgegriffen werden. Ein Gewinnabführungsvertrag reicht alleine nicht aus.

e) Mitteilungspflichten

Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrentner zunächst nur das Ergebnis der Anpassungsprüfung mitteilen. Viele Unternehmen tun dies von sich aus. Andere warten ab, ob die jeweiligen Betriebsrentner selbst aktiv werden und um Überprüfung ihrer Betriebsrente bitten.

Die getroffene Anpassungsentscheidung ist in nachvollziehbarer Weise zu begründen. Bei Ablehnung einer Anpassung wegen der wirtschaftlichen Lage muss der Arbeitgeber dabei unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien darlegen, warum die wirtschaftliche Lage eine Anpassung nicht erlaubt.

5. Folgen einer unterbliebenen Anpassung

Sind Anpassungen in der Vergangenheit aufgrund der wirtschaftlichen Lage unterblieben oder zu niedrig ausgefallen, hat der Arbeitgeber diese zum nächsten Anpassungsstichtag nachzuholen, soweit ihm dies dann möglich ist. Die nachholende Anpassung führt nicht zu einer Nachzahlung für die Vergangenheit, sondern nur zu einer höheren Anpassung der Rentenzahlungen für die Zukunft.

Die nachholende Anpassung entfällt nach § 16 Abs. 4 Satz 1 BetrAVG, wenn diese zum damaligen Zeitpunkt zu Recht unterblieben ist.

Von der nachholenden Anpassung ist die nachträgliche Anpassung zu unterscheiden. Damit kann der Arbeitnehmer rückwirkend zu einem früheren Anpassungsstichtag eine Anpassung verlangen.

Hier sind allerdings Fristen zu beachten. Ist dem Arbeitnehmer die negative Anpassungsentscheidung mitgeteilt worden, muss er dieser bis zum nächsten Anpassungsstichtag widersprechen und bis zum übernächsten Anpassungsstichtag Klage auf Anpassung erheben, andernfalls verliert er den Anspruch auf nachträgliche Anpassung.

Ist dem Arbeitgeber das Ergebnis der Anpassungsprüfung nicht mitgeteilt worden, so muss er nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts spätestens bis zum übernächsten Anpassungsstichtag Klage auf nachträgliche Anpassung erheben. Andernfalls ist der Anspruch verwirkt.

6. Prozessuales

Betriebsrentner sollten sich nicht scheuen, regelmäßig eine Überprüfung ihrer Betriebsrenten zu verlangen, wenn dies das Unternehmen nicht von sich aus tut. Sie sollten auch das negative Ergebnis einer Anpassungs-prüfung nicht ohne Überprüfung durch einen fachkundigen Anwalt hin- nehmen. Der Betriebsrentner kann aus eigener Sachkunde kaum beur- teilen, ob die Gründe für eine Nichtanpassung einer gerichtlichen Über- prüfung standhalten.

Gegebenenfalls muss Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben werden, um seine Rechte durchzusetzen. Da die Anwaltskosten in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht von jeder Partei selbst zu tragen sind, kann sich zur Abdeckung des Kostenrisikos der Abschluss einer Rechtsschutz-versicherung empfehlen.

7. Vergleichsangebote

Bei Vergleichsangeboten mit einer niedrigeren Anpassung ist zu prüfen, ob sich eine Klage im Hinblick auf das Kostenrisiko lohnt. Zu berücksichtigen sind dabei auch die Langfristwirkungen einer unter der Inflationsrate liegenden Anpassung.

Bei angebotenen stufenweisen Erhöhungen fällt die Anpassung gerechnet über den Dreijahreszeitraum bis zur nächsten Anpassung in der Summe niedriger aus als bei einer Vollanpassung nach der Steigerung des Verbraucherpreisindex. Spätestens mit Akzeptanz der zweiten Anpassung tritt ein Vertrauenstatbestand ein mit der Folge, dass eine Anpassung nach der Steigerung des Verbraucherpreisindex nicht mehr geltend gemacht werden kann.

Grundsätzlich gilt daher:Je eher die Ansprüche auf gegebenenfalls volle Anpassung der Betriebsrente durchgesetzt werden, umso besser. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gibt es keine Zinsen auf rückständige Betriebsrentenzahlungen. Abwarten lohnt also nicht. 


Verantwortlich für den Inhalt:

Rechtsanwalt Dr. Bernhard Rengier, Blumenstr. 14, 40212 Düsseldorf

Tel.0211-6913613 Fax: 0211-9661412 E-Mail:mail@rechtsanwalt-rengier.de, Rechtsanwalt-Dr.Rengier@gmx.de

                Rechtsanwalt Dr. Bernhard Rengier        Düsseldorf

 

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